Samstag, 30. Januar 2016

Begegnungen 8 * Annika Hoffmann, Simon Easson, ….





„Kannst du mal kommen? Ich habe hier ganz interessante Leute auf dem Hof. Die sind mit Pferd und Wagen gekommen. Ist vielleicht etwas für die Zeitung.“ Hans Heinrich Janßen vom Gehrenhof war am anderen Ende der Leitung. Noch ein paar Rückfragen meinerseits und ich begab mich schon auf den Weg. Die Hippiezeit war lange Geschichte. Bei diesen Menschen schien es sich um ein Grüppchen zu handeln, das einfach noch nicht ganz mitbekommen zu haben schien, dass längst schon eine neue Zeit angebrochen war.
Ich war nicht enttäuscht, als ich Heiner Janßens Gäste sah. Ein alter Zigeunerwagen, längst schon ein Museumsstück, und ein Planwagen waren die rollenden Wohnungen von zwei Familien, deren Wege sich irgendwo bei Oldenburg gekreuzt hatten, und die dann beschlossen, einen Teil ihrer Reise Richtung Norden gemeinsam zurückzulegen. Maria Janßen hatte für alle gekocht und in der Küche wurde munter in den unterschiedlichsten Sprachen geredet. Die Reisenden freuten sich bei dem recht kühlen Regenwetter im Warmen sitzen zu können. Die Wagen fanden über Nacht Platz in der Scheune.

Mein Artikel im Stader Tageblatt vom 14.07.1998

Als Gastgeschenk viele Geschichten im Gepäck
Weltenbummler mit Pferd und Wagen bei Janßen zu Besuch

Ungewöhnlicher Besuch auf dem Gehrenhof des Oederquarter Bürgermeisters Hans-Heinrich Janßen: Am Sonntagnachmittag rollten zwei bunte, von Ponys gezogene Wagen auf den Hof. Fünf Erwachsene, zwei Kleinkinder und zwei Hunde begehrten Quartier für eine Nacht.
Familie Janßen zeigte sich als großzügiger Gastgeber. Die Ponys fanden auf der Hofweide einen Rastplatz nach ihrer 12 Kilometer langen Reise von der Wingst nach Oederquart. Die beiden Wagen wurden wegen des einsetzenden Dauerregens in der Scheune untergebracht. Und dann gab es für die Wanderer auch noch ein kräftiges Abendessen in der Küche der Janßens. Das Gastgeschenk der Wanderer aus Frankreich, Deutschland und Schottland: Ein Einblick in die Geschichte ihrer bisherigen Reise.
Die französische Tierärztin Gudule Pichon und ihr Partner Laurent Cuenot sind vor gut einem Jahr in Les Sables d´ Olonne an der Atlantikküste mit ihrem Wagen aufgebrochen. In fünf Jahren wollen sie über Holland, Deutschland, Skandinavien, Polen, Tschechien, den Balkan, Italien und Spanien fast ganz Europa bereisen. Töchterchen Lola, inzwischen 19 Monate, war zu Beginn der Reise gerade geboren. In Holland überwinterten sie auf einem Bauernhof. Den Lebensunterhalt verdienen sich die Reisenden mit Lichtbildervorträgen oder dem Verkauf von allerlei Handarbeiten aus Leder, Stein oder Holz. Man verständigt sich in der Muttersprache, in Englisch oder mit der vor 110 Jahren entwickelten künstlichen Weltsprache Esperanto. Ein Verzeichnis regionaler Esperantovereinigungen auf ihrem Reiseweg ergibt immer neue Kontakte.
In Hude bei Oldenburg kreuzte sich zufällig ihr Weg mit dem der Familie Wittig aus Oldenburg. Seitdem reisen die beiden Gespanne gemeinsam, bis sich ihre Wege in Schleswig Holstein trennen werden. Annika und Klaus Wittig werden dann mit Sohn Lugh und ihrem schottischen Freund Simon Easson die Westküste ansteuern. Im Gegensatz zu ihren französischen Freunden sind sie nur „Sommeraussteiger“.
Annika Wittig ist Märchenerzählerin und erfreut Kinder wie auch Erwachsene mit eigenen und klassischen Märchen der Welt. Schulen, Mittelaltermärkte oder Ferienzentren bestimmen die Fahrtroute. Ein bunter Zigeunerwagen aus dem Jahre 1922, in England für viel Geld einer Zigeunersippe abgehandelt, sorgt allerorts für Aufsehen. Solange Simon Easson die Familie begleitet, lässt er am Zielort seinen Dudelsack erklingen. Montag statteten die Märchenerzähler der Oederquarter Grundschule einen Besuch ab.







Auch bei dieser Geschichte habe ich versucht herauszubekommen, wie die Lebenswege der Personen weiter verlaufen sind. Google war mir nur eine bedingte Hilfe. Auf Nachfrage bekam ich zur Antwort, dass Simon Easson für mehrere Jahre wegen dubioser Finanzgeschäfte ins Gefängnis musste. Ich bin mir sicher, dass der ebenso wenig „mein“ Simon Easson war, wie ich nicht der Professor Dr. Jörg Petersen bin, der an der Uni Kiel lehrt und zahlreiche Pädagogikbücher veröffentlicht hat.
Etwas vielversprechender scheint mir die Suche nach Annika Wittig zu sein. Über Google bin ich auf die Seite einer Märchenerzählerin im Allgäu gestoßen, die heute Hoffmann heißt. Der Name Wittig ist aber auch noch auf der Seite aufgetaucht. Natürlich habe ich ihr sofort eine Mail geschickt und warte nun gespannt, ob ich eine Antwort bekomme. Die beiden Franzosen haben allem Anschein nach keine Spuren im Netz hinterlassen. Vielleicht kann Annika Hoffmann noch etwas Licht ins Dunkel bringen.

Am 28. Januar 2016 schrieb ich an Annika Hoffmann:

Hallo Annika Hoffmann,
ich denke, dass du die gleiche Geschichtenerzählerin bist, der ich 1998 auf dem Hof von Heiner Janßen begegnet bin. Du hattest einen Auftritt in der Grundschule Oederquart bei meiner Frau Ulla. Ich erfuhr von euch durch einen Anruf von Heiner, weil er wusste, dass ich als freier Mitarbeiter für das Stader Tageblatt arbeitete. Ich habe dann mit euch in Heiner und Marias Küche zusammengesessen und einen Bericht verfasst, den ihr vielleicht nie gelesen habt, weil ihr dann ja weiter nach Holstein gezogen seid.
Als Lehrer habe ich das Geschichtenerzählen als ein sehr ausdrucksstarkes und wirkungsvolles Mittel im Unterricht eingesetzt. Ehemalige SchülerInnen, denen ich freundschaftlich verbunden bin, animierten mich, doch einige meiner Geschichten aufzuschreiben. Das habe ich dann auch gemacht. Es gibt einen Blog von mir, den ich sinnigerweise Schreibblock genannt habe. Einen Teil der Geschichten habe ich in einem Buch verarbeitet, das ich aber nicht verlegt habe. Ich lasse je nach Nachfrage immer 20 Exemplare von einer Online Druckerei nachdrucken.
Meine "Fangemeinde" fragt immer nach einem 2. Band. Es gibt tatsächlich schon einige Geschichten, ca. 100 Seiten A4. In dem neuen Band soll es einen Geschichtenblock mit dem Titel "Begegnungen" geben. Zwei Kostproben gibt es bereits auf
petersenjoerg.blogspot.de In diesen Geschichten berichte ich von Menschen, denen ich meistens in meiner Funktion als freier Journalist begegnet bin. Wenn möglich versuche ich etwas über das Leben dieser Menschen heute herauszufinden und füge das in meine Geschichte ein.
Den Stopp der Reisenden in ihren Wagen auf dem Gehrenhof in Oederquart (kurz vor der Elbfähre Wischhafen - Glückstadt) möchte ich mit in die Begegnungen aufnehmen.
Ich würde mich freuen, wenn du dich melden würdest und eventuell noch etwas zur weiteren Geschichte deiner ehemaligen Reisgefährten schreiben könntest.
Wenn du auf Nordtour bist, können wir gerne einmal an einen Auftritt im Historischen Kornspeicher Freiburg reden. Der Speicher ist seit 2 Jahren ein soziokulturelles Zentrum. Zusammen mit Freunden habe ich den Speicher vor 12 Jahren vor dem Abriss bewahrt und dann 10 Jahre für die Sanierung gekämpft und gearbeitet. Nun ist er fertig und unsere neue Arbeit besteht darin, Menschen zu schönen Anlässen in diesem wunderschönen Haus zusammenzubringen.
kornspeicher-freiburg.de
Vielleicht hast du ein wenig Zeit, dich mit meinem Anliegen zu befassen.
Herzliche Grüße von der Unterelbe

Nur einen Tag später erreichte mich diese Mail:
Hallo Jörg Petersen,
ich freue mich über Deine Nachricht.
An die Grundschule in Oederquart erinnere ich mich und das Übersetzen nach Glückstadt auch… es war ein doppelter Regenbogen am Himmel und wir haben in Glückstadt erfahren, dass unser zweites Kind unterwegs war. Großes Glück. Unsere Tochter Lovis Maria ist inzwischen 16.
Ich habe viele Jahre im Frühjahr eine Tournee durch den Norden gemacht, da würde ich gerne in Eurem Kornspeicher Geschichten erzählen, vielleicht im Mai/Juni 2017.
Leider weiss ich von Gudule und Laurent nicht mehr so viel. Sie haben mit ihrer Stute Camille und ihrem Wagen und ihrer Tochter Lola (die jetzt 19 ist, wie unser Sohn Lugh) und dem Hund Pacrette (Gänseblümchen) Europa umrundet.
Über unseren Stopp auf dem Gehrenhof freue ich mich zu lesen!
Herzliche Grüße aus dem Allgäu
Annika Hofmann

Annika Hofmann
Märchen & Geschichtenerzählerin

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