Donnerstag, 28. Januar 2016

Begegnungen 2 * Werner Bodeit




 Werner Bodeit – ein Tippelbruder aus Berlin 27. Juni 2015

Ich begegnete Werner Bodeit am 27. Juni 2015. Aus dem fahrenden Auto nahm ich ihn und sein interessantes Gespann  im letzten Moment auf dem Parkplatz kurz vor der Abfahrt von der B 73  zum Natureum wahr. Ich brauchte noch etwa einen Kilometer, bis mich meine Neugier zur Umkehr bewegte. Ich habe es nicht bereut. Mit Bodeit habe ich einen freundlichen und ausgesprochen genügsamen Menschen kennengelernt, der ausgeglichen und im Einklang mit seinen ganz speziellen Umständen zu leben scheint.




 Seit 11 Jahren auf der Straße, Sommer und Winter, kein Zuhause!

Für die allermeisten Menschen ist das eine Vorstellung, die einem Albtraum recht nahe kommt.  Nicht so für den 52 jährigen Werner Bodeit. Vor 11 Jahren hat er sein damaliges Zuhause in Berlin Pankow verlassen, lebt seitdem  auf der Straße und macht dabei keinen unzufriedenen Eindruck. Im  Winter hält er sich gern im Emsland auf, „weil dort das Klima milder ist.“ Steigt die Sonne zum Frühjahr, wandert Bodeit entlang der Küste nach Norden. Alles, was er braucht zum Leben, zieht er auf drei zusammengekoppelten Karren hinter sich her. Elementar sind Schlafsack, Zelt und Planen zum Schutz vor Regen, Wind und Kälte sowie einfaches Kochgerät. Buswartehäuschen oder Schutzhütten an Rastplätzen bieten bevorzugte Übernachtungsplätze. Bodeit berichtet von seinen bescheidenen Unterkünften: „Die meisten Buswartehäuschen haben drei Wände. Wenn ich die offene Seite mit einer Plane verhänge, habe ich einen geschlossenen Raum. Im Winter bekomme ich mein Quartier mit dem Kocher ungefähr 4°C wärmer als die Temperatur außerhalb meiner Hütte.“ 
Auf das ihm zustehende Tagegeld für reisende Obdachlose verzichtet Werner Bodeit meistens. Er lebt von Zuwendungen der Menschen, denen er auf seiner Wanderung begegnet. Dabei bettelt er nicht.
Seine freundliche Art, das seltsame Gefährt, behängt mit skurrilen Erinnerungsstücken, aus den vielen durchreisten Dörfern und Städten und nicht zuletzt seine vier Hunde bringen ihm immer wieder spontane Kontakte zu seinen Mitmenschen.
 Schnell öffnen sich die Herzen und nicht selten die Portemonnaies seiner Gesprächspartner. Einsam wird Werner Bodeit nicht auf seiner Reise ohne festes Ziel. Es gab Zeiten, in denen er mit einem Gefährten zusammen tippelte. Die Gemeinschaft endete oft schon wieder nach kurzer Zeit.  Heute leisten ihm sein Schäferhund Rüde, „ein von und zu“, und seine Berner Sennen Mischlingshündin mit ihren zwei Welpen Gesellschaft. Hunde waren schon einmal sehr wichtig in Bodeits anderem Leben, damals, als er noch Hunde für den Polizeidienst ausbildete. Heute ersetzen sie ihm die Familie und Freunde, in der Nacht bieten sie Schutz vor unerwünschtem Besuch und tagsüber helfen die beiden ausgewachsenen Hunde schon einmal mit, die bepackten Karren zu ziehen.



Nie ist sicher, wo sie am Abend sein werden. An guten Tagen schafft die Karawane bis zu 20 Kilometer, häufig sind es aber auch nur 7 oder 10 Kilometer. In den nächsten Tagen will Werner Bodeit von Wischhafen nach Glückstadt übersetzen. Vorher möchte er aber noch einen „schnellen“ Abstecher nach Hemmoor machen. „Ich habe gute Erinnerungen an den Ort, da habe ich einmal nette Leute kennengelernt“, sagt Bodeit, tritt seine Zigarette aus, legt den Hunden ihre Leinen an und marschiert los.

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