Ich treffe
Hanna König im EDEKA Markt und bin im Nu in einen sehr merkwürdigen Dialog
verwickelt
„Weißt du,
wo man Knochen verkaufen kann?“, fragt sie mich.
„Wie?
Knochen verkaufen? Ich habe noch nie Knochen verkauft. Wer kauft denn so etwas?“
„Habe
gehört, dass dafür Superpreise gezahlt werden.“
Ich weiß
nicht, Hanna König aus Weidenfleth wird immer sonderlicher.
Will sie nun
groß ins Knochengeschäft einsteigen?
Der Betrieb
vielleicht?
Königs
Betrieb ist über die Jahre stetig gewachsen mit Dienstleistungen am Bau. Den
geht es sichtbar gut genug.
Was will sie
mit Knochen?
Schade, wie
Hanna sich über die Jahre entwickelt hat. Je besser es den Königs ging, desto
mehr wurde und wird zusammengerafft und gegeizt.
Dem
Harzvierempfänger wird der Monatscheck
nicht gegönnt und der Mindestlohn, der nicht einmal ausreicht, eine Familie zu
ernähren geschweige denn mehrere Familienurlaube auch über die Ozeane hinweg zu
ermöglichen, droht jahrhundertaltes Handwerk zu zerstören. Allen geht es besser
und alle, allen voran Vater Staat, wollen den Königs die mühsam
zusammengetragenen Euros wieder abnehmen.
Hanna, was
hat das Leben aus dir gemacht?
Du warst als
junges Mädchen so fröhlich und unbeschwert. Und nun diese stete Angst vor
Verlust des Lebensstandards, unverhohlener Egoismus, Missgunst und Neid.
Wenn dein
Name in Weidenfleth und Umgebung fällt, kann jeder eine Geschichte über dich erzählen.
Die Geschichten stimmen nicht immer alle
zu hundert Prozent. Allen gemein ist
aber, dass sie zu 100% auf Hanna zutreffen könnten. In ihnen überwiegen die
weniger schmeichelhaften Tugenden von denen ihre Erzähler fast nie ohne maßlose
Übertreibung und eine schadenfrohe Häme berichten.
Hanna
richtet gerne Feste aus. Seltsamer Weise ist sie dann recht spendabel und es
geht nie jemand durstig oder hungrig aus ihrem Haus.
Oh Hanna,
merkst du eigentlich gar nicht, was du dir antust?
Ich sitze
mit Hinnerk Röndigs, dem Schlachter von Weidenfleeth zusammen. Wir nehmen ihn
gerne mal als Caterer, weil er nicht nur gute Ware hat. Er verfügt über ein
tolles Team und die Zusammenarbeit ist stets von hoher Zuverlässigkeit bestimmt.
Wir
verhandeln über einen Auftrag größeren Umfangs. Nach 30 Minuten liegen wir mit
unseren Vorstellungen nur noch 60 € auseinander. Nichts scheint mehr zu gehen,
ich kenne das schon. Hinnerk schweift ab auf einen Nebenschauplatz. Nein, was
er für Probleme hat:
„Zu viel
Arbeit, zu wenig Personal, zu geringe Einnahmen und dann musst du dich auch
noch mit zickigen Kunden rumschlagen.“
„Ja,
Hinnerk, ich weiß wovon du sprichst. Ich kenne auch diese Typen. Jetzt mal ohne
Namen. Die Frau bestellt sich das Essen, mäkelt rum und hat noch diverse
Sonderwünsche. Alles wird zu ihrer Zufriedenheit geregelt, obwohl der
Zusatzservice bei Weitem den Kalkulationspreis ihres Gerichtes übertroffen hat.
Und dann, beim Bezahlen, will sie zwei Euro weniger zahlen, weil der Reis zu
körnig war und die Serviette erst zu spät an den Tisch kam.“
„Die Frau
kenne ich. Sie fährt einem Geländewagen mit dem Stuttgarter Stern . Seh´ schon an deinem Gesicht, dass ich nicht ganz
verkehrt liege.“
Ich
schmunzle äußere mich aber nicht dazu.
„Ich hatte
ihr vor einigen Monaten ein Buffet mit Koteletts und Hähnchenbeinen geliefert.
Du glaubst es nicht, als alles in Sack und Tüten war, wollte sie 15% Rabatt,
weil wir ja schon so oft zusammengearbeitet hätten.“
„Und, was
hast du gemacht?“
„Darüber
können wir reden, wenn der veranschlagte Stundenlohn für
mein Personal wie bei euch in der Firma 45 € plus 19% Mehrwertsteuer und nicht
bei 12,50 € liegt.“
„Und?“
„Kannst doch
nicht Äpfel mit Birnen vergleichen hat sie gesagt und ist raus aus dem Laden.
Was denkt sich diese Person eigentlich? Ich hatte ihr wirklich schon einen
guten Preis gemacht.“
„Tscha, das
kriegst du nicht raus aus ihr.“
Das war aber
noch nicht alles. Hinnerk ereifert sich förmlich:
„Und, weißt
du was das Schärfste war? Nach der Feier bringt sie mir die Platten zurück.
Ungewaschen und auf der oberen Platte türmt sich ein Riesenhümpel Knochen. Ich
fragte sie, was das denn solle, warum sie die Knochen nicht beseitigt habe.“
„Und“, frage
ich, „was hat sie geantwortet?“
„Die Knochen
kommen von dir und dann kannst du sie auch zurücknehmen.“
Hinnerk
macht eine kurze Pause und fährt mit Schalk im Blick fort:
„Nachdem ich
für Sekundenbruchteile fassungslos war
meinte ich ganz cool zu ihr: Na klar, wenn du das Geschäft nicht machen
willst, behalte ich die Knochen. Nun hättest du Hanna König sehen sollen.
„Wieso Geschäft? Was für ein Geschäft?“ und ich antwortete ihr beim
Heraustragen der Platten:
„Du weißt
wohl nicht, was Knochen derzeit bringen. Werden dringend zur Seifenherstellung
benötigt. Wenn du noch mehr davon hast, nur her damit!“
Ich weiß nun
zwar immer noch nicht, wo man Knochen verkaufen kann, aber ich weiß jetzt,
warum Hanna König mich Mitte Mai danach gefragt hatte.
Ach Hanna,
lass es mich wissen, wenn du inzwischen erfolgreich ins Knochengeschäft
eingestiegen bist.
Erfolgreich
hatte ich dann aber noch meine Verhandlungen mit Hinnerk abgeschlossen.
Manchmal braucht es eben einen kleinen Umweg und sei es ein Gespräch über
Hinnerks „Knochenjob“.
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