Aus
der Geschichte kennt man, dass ganze Kleinigkeiten, Zufälle die irrwitzigsten Folgen haben. Wäre Kolumbus damals nicht in die verkehrte
Richtung gesegelt, würden wir vielleicht heute noch nichts von Amerika wissen
(ha,ha).
Glück
für die Menschheit!
Oder,
hätte der kleine Schwächeanfall von Frau Hitler, geb. Pölzl, am 7.5.1889 in Braunau nur vier Minuten
länger angedauert, wäre der kleine Adolf in der Badeschüssel ertrunken.
Pech für die Menschheit!
Pech für die Menschheit!
So
ist das mit den Zufällen.
Nicht
ganz so folgenschwer für die Menschheit, aber schön für die Entwicklung des
kleinen Elbeflecken Freiburg, noch so
ein Zufall:
Dank
des unermüdlichen Einsatzes des damaligen Bürgermeisters wurde der Flecken
Freiburg in die Städtebauförderung des Landes Niedersachsen aufgenommen. Mit
Landesmitteln wurde die Gewerbebrache eines Landhandels mit diversen Gebäuden
am Hafenrand in den Besitz des Fleckens gebracht. Auch mit Landesmitteln wurden
Lagerschuppen, Hochsilo und Nebengebäude abgebrochen. Stehen blieb auf dem
Gelände nur ein hässliches Gebäude, verunziert durch viele Veränderungen, die
immer wieder durch die Anpassung an geänderte Nutzungen entstanden. Ungefähr
250 Jahre alt war das Gebäude und stand unter Denkmalschutz. Was es da zu
schützen gab, erschloss sich derzeit nur den wenigsten Menschen. Tauben und
Ratten hatten das Haus zum Leidwesen der Nachbarschaft besetzt.
„Afrieten!
Wech mit denn Schiet!“
So
einfach geht das aber nicht, wenn ein Gebäude erst einmal von den Behörden als
schützenswert eingestuft ist, und das war beim Kornspeicher der Fall.
Erst
als alle Bemühungen des Fleckens, Investoren für das arg sanierungsbedürftige
Haus zu finden, fehlschlugen, dachte man
im Fleckensrat ebenfalls über Abriss nach.
Ich
gehörte seinerzeit zu der Freiburger Minderheit, die das historische Gebäude um
jeden Preis erhalten haben wollte. Es wollte sich mir nicht erschließen, dass
eine Gemeinde, die am Ortseingang mit ihrem historischen Ortskern wirbt, nun
ernsthaft plante, eines seiner ältesten Gebäude abzubrechen.
Als
nun der Abriss des Gebäudes auf der Tagungsordnung des Gemeinderates stand, habe
ich mich zur Ratssitzung begeben, um die Debatte und anschließende
Beschlussfassung zu verfolgen. Es kam nicht anders als erwartet. Der Speicher
hatte keine Lobby, allenfalls wurde Bedauern geäußert, dass leider keine andere
Wahl bestünde, als das Haus abzureißen. Und so lautete dann auch der Beschluss.
Nach
dem öffentlichen Teil der Sitzung verließ ich den Raum unter dem Dach des
Rathauses. Auf dem Weg über die Treppe ins Erdgeschoss begleitete mich eine
Freiburgerin, die sich durch den Abrissbeschlussbeschluss sehr betroffen
zeigte.
„Das
ist doch zu schade, dass dieses alte Haus nun aus Freiburg verschwinden soll.
Man müsste eine Bürgerinitiative gründen, die sich für den Erhalt des
Baudenkmals einsetzt.“
„Das
wäre nicht schlecht“, stimmte ich ihr zu.
Was
ich nicht wusste: Hinter mir ging die Redakteurin des Stader Tageblattes, die
über die Ratssitzung berichten wollte. Sie musste unser Gespräch auf der Treppe
mitgehört haben. Anders kann ich mir den Bericht im Tageblatt nicht erklären.
Dort
stand am Ende der Berichterstattung über die Speicherdebatte in etwa zu lesen:
„Der Beschluss des Rates stieß nicht nur auf Zustimmung. Der ehemalige
Freiburger Ratsherr Jörg Petersen erwägt eine Bürgerinitiative zu gründen, um
den Abriss des denkmalgeschützten Speichers zu verhindern.“
Im
Laufe des Erscheinungstages klingelte mehrfach mein Telefon und Freiburger
Bürgerinnen und Bürger beglückwünschten mich zu meiner Idee und wollten der BI
beitreten.
Aus
der BI wurde dann 2003 ganz schnell ein Verein, der bis heute im Februar 2015
auf 750 Mitglieder angewachsen ist. Diesem Verein ist es dann in der Folgezeit
nicht nur gelungen, den Abriss des Hauses zu verhindern. Er wurde Eigentümer
des Kornspeichers und hat ihn bis ins Jahr 2014 hinein mit viel Eigenarbeit und
Hilfe von den unterschiedlichsten Förderern saniert und zu einem
Soziokulturellen Zentrum der Region hergerichtet.
Heute
kann sich kaum noch jemand in der Region vorstellen, dass es den Freiburger
Kornspeicher um Haaresbreite nicht mehr gegeben hätte.
Zufall?
Schicksal?
Wie
wäre es gelaufen, wenn ich damals lieber auf dem Sofa geblieben wäre statt zur
Ratssitzung zu gehen? Was wäre aus dem Speicher geworden, wenn die Redakteurin
nichts von einer tatsächlich nicht
geplanten Bürgerinitiative geschrieben hätte?
Wer
weiß das schon, aber schön, dass es so gekommen ist, wie es ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen